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Kann Bewusstsein ersetzt werden? KI hat sich dieses Ziel gesetzt. Zum einen kann das, was wir Bewusstsein nennen, insgesamt als soziales Konstrukt wahrgenommen werden, das nicht eindeutig einem Kopf, Körper oder Leib zugerechnet werden kann. Zum anderen gibt es Strömungen die sagen: "mit steigender technischer Komplexität stellt sich ein solches Bewusstsein irgendwann automatisch ein".

Beim Transhumanismus kommt dann noch der Ego-Faktor ins Spiel. Viele Menschen werden ohne medizinische Erfordernisse zu Selbst-Optimierern. Damit ist keineswegs das Streben zu einem höheren Selbst gemeint, sondern die Vervollkommnung des körperlichen, das Annähern an Ideale, sind hier Treiber. Was mit ästhetischen Aspekten anfängt, hört mit den Transhumanismus Prophezeiungen eines Ray Kurzweil noch nicht auf. Aber der Mensch ist gegenüber seinem Umfeld, im Gegensatz zu anderen Lebewesen, sehr manipulationsfähig. Daher ist Kurzweil's Prophezeiung wohl sehr kurzweilig, da wir uns gerade wegen unserer Manipulationsfähigkeit sehr schnell aus dem Rennen schleudern werden. Ressourcenverbrauch und Umweltschäden zeigen da nur die Spitze des Eisbergs.

Die ganze Diskussion um KI und Transhumanismus wird zusätzlich aufgeheizt durch Klischees, Ängste und Missverständnisse, durch sich ständig wiederholenden "Future Bullshit". Eine humane Selbsterniedrigung.

"Menschliche Intelligenz beginnt da, wo Kreativität im nicht Wissen, im nicht regelbasierten notwendig wird." Stephan A. Jansen

Künstliche Dummheit oder menschliche Intelligenz.

Aber wie viel Maschine sind wir selbst? Kompliziertheit können Computer-Programme ganz gut. Wie steht es aber mit der Komplexität? Bewusstsein bedeutet zu wissen das man existiert, und sich in seiner Wahrnehmung auf Gefühle beziehen zu können und Empathie zu entwickeln, keine programmierte Empathie... Bewusstsein entsteht in existenzieller Konfusion, Dilemma können erkannt werden, die Wahrnehmung durch andere wird selbst wahrgenommen. Menschen erschaffen Welten, Maschinen beschleunigen Prozesse...

Trotzdem kann KI und Transhumanismus die Gesellschaft ins Wanken bringen. Es gibt derzeit einen Tunnelblick auf Technik und unbegrenztes Wachstum. Trans- und Posthumanisten kennen keine ökologischen Probleme, sie sehen Tiere nur als Nahrungsquelle oder Sozial-Placebo, kennen keine Zielkonflikte (nur vorwärts, schneller und mehr), Ambivalenz wird ausgeblendet, eben 0 oder 1, eine mathematische Wirklichkeit.

Aus dem Mittel ist ein Zweck geworden, und statt Treiber der Technik zu sein, wird der Mensch zum Getriebenen. Am Ende ist die Technik ein Fetisch wie das Geld, sie wird zum Wert an sich, ohne Rücksicht auf die Frage nach den Verlusten. Haben wir inzwischen daraus gelernt? Oder werden Menschen mal wieder nur aus Schaden klug? Warten wir ab, bis uns die künstliche Intelligenz völlig über den Kopf wächst, an der Börse, im Alltag und in der Arbeitswelt, dass sie unserer Kontrolle entgleitet, um ohne jede böse Absicht unkontrollierbar zu werden? Dass sie beurteilt, welchen Wert menschliches Leben hat, dass sie über das Schicksal von Individuen richtet, ohne auch nur ansatzweise verstanden zu haben, was ein Individuum ist? Dass sie unsere Demokratie aushöhlt? Gerade weil künstliche Intelligenz Menschen dazu zwingt, ihr Selbstverständnis zu modifizieren und genauer zu sehen, was ihre wahren Bedürfnisse sind, dürfen wir ihre Zukunft nicht dem Können von Programmierern und dem Willen ihrer Finanziers überlassen. Dieser Erkenntnisfortschritt ist dialektisch. Die Lektion der KI besteht nicht darin, rational zu werden wie Maschinen, sondern zu erkennen, was Rationalität nicht leisten kann. Gerade im Vergleich mit der Maschine lassen sich Menschen heute umso schärfer und genauer als ihr Anderes beschreiben. Statt über einen Co-Existenzialismus mit Maschinen nachzudenken, sollten wir es mit dem Co-Existenzialismus mit Pflanzen und Tieren tun. Millionen Jahre der Evolution haben den Menschen ziemlich gut an die Lebensbedingungen unseres Planeten angepasst, wenige Jahrzehnte der KI werden ihm kein besseres Paradies bauen können, eher eine Hölle. [1]

Quellenangaben
[1] Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens: Ein Essay (German Edition), Richard David Precht

Autoren: Petra Schmidt, Bert Zimpel